Moin gents,
der Kommentator der eher linken und damit regierungstreuen Berliner Zeitung hat heute die Verantwortlichen im Senat zu Recht als Geisterfahrer bezeichnet: Augen zu und durch.
Hier die Beiträge:
Geisterfahrer unterwegs
PETER NEUMANN
nimmt Wetten an, dass die Umweltzone zum 1. Januar noch nicht kommt.
Augen zu und durch! Was Autofahrer unterlassen sollten, falls sie keinen Unfall riskieren wollen, scheint für den Senat derzeit das Haupt-Motto zu sein. Demonstrativ unbeirrt von Protesten und mit der Entschlossenheit eines Geisterfahrers bereitet er die Umweltzone vor. Und zwar mit einer Vehemenz sowie Radikalität, die den Eindruck erweckt, als ob es ADAC-Geheimagenten in der Verwaltung darauf angelegt haben, dass das eigentlich sehr löbliche Vorhaben vor Gericht scheitert. Diese Gefahr besteht.
Ein Beispiel: Deftige Verwaltungsgebühren, wie sie für Ausnahmegenehmigungen verlangt werden sollen, lassen Juristen das Wasser im Munde zusammenlaufen. Ist das Äquivalenzprinzip, wonach Behördenaufwand und Gebühr in einem vernünftigen Verhältnis zueinander stehen sollen, bei mehreren hundert Euro noch gewahrt? Oder: Wenn die Fahrverbote wie angekündigt allenfalls dazu führen, dass es ein paar Tage mit zu viel Feinstaub in der Luft weniger gibt - ist es dieser Mini-Nutzen wert, den Konkurs von Firmen in Kauf zu nehmen, die sich keine neuen Lastwagen leisten können oder denen die Fahrzeugindustrie keine liefern kann? Sicher ist es richtig, "Druck auf den Kessel" zu geben, damit der Stand der Technik die Norm wird und der Staat seiner Pflicht, die Gesundheit der Bürger zu schützen, gerecht wird. Es ist auch korrekt, dass Trabis und andere Stinkerautos verschwinden - es gibt ja die BVG. Aber angesichts des Hauruck-Prinzips, mit dem der Senat gezielt die lokale Wirtschaft schädigt, sollte man nicht darauf wetten, dass die Fahrverbote am 1. Januar 2008 tatsächlich so kommen.
Berliner Zeitung, 06.07.2007
Autofahrer lassen sich keine kleben
Umweltplakette wenig gefragt
Peter Neumann
Nur noch ein halbes Jahr - dann darf das Stadtzentrum innerhalb des S-Bahn-Rings ausschließlich von Kraftfahrzeugen befahren werden, die eine Feinstaubplakette an der Windschutzscheibe haben. Doch das Interesse der Autobesitzer an dem Aufkleber hält sich in engen Grenzen. "Es ist erschreckend, wie wenige Plaketten für die Umweltzone wir bisher an den Mann oder die Frau bringen konnten", berichtet Carsten Bräuer von der Dekra. Auch bei den Zulassungsstellen ist die Nachfrage gering. "Das dürfte sich erst dann ändern, wenn die ersten Verbotsschilder am Rand der Umweltzone stehen", heißt es dort.
Mehr als 1,2 Millionen Autos und rund 80 000 Lastkraftwagen sind in Berlin registriert. Im Verhältnis dazu nehmen sich die jetzt bekannt gewordenen Verkaufszahlen ziemlich mickrig aus. "Seit dem Verkaufsbeginn im März hat die Dekra in Berlin rund 4 700 grüne, zirka 330 gelbe und knapp 35 rote Plaketten abgegeben", berichtet Bräuer. "In unseren Berliner Prüfstellen waren es bislang 12 296", sagt Wolfgang Partz von der TÜV Rheinland Group. Die Berliner Kfz-Zulassungsstellen haben bis Ende Juni 32 956 Feinstaubplaketten verkauft. Bislang ist nicht bekannt, wie viele Umweltzonen-Aufkleber die Autowerkstätten ausgegeben haben - dort gibt es sie oft sogar gratis, während sie ansonsten fünf (beim TÜV 5,50) Euro kosten.
"Spätestens im Januar, wenn die Innenstadt Umweltzone ist und kontrolliert wird, werden die übrigen Autofahrer aufwachen", meint ein Mitarbeiter einer Zulassungsstelle. Wer dann dort ohne Plakette unterwegs ist, riskiert 40 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg.
Die Wirtschaft kritisiert, dass die Umweltzone für viele Firmen das Aus bedeutet. Wenn die Regeln 2010 verschärft werden, dürften rund 45 000 Fahrzeuge Berliner Handwerksbetriebe nicht mehr ins Zentrum, sagt Thomas Dohmen von der Handwerkskammer. Eine Förderung für den Kauf neuer Lkw gebe es nicht, Fahrzeughersteller kämen mit Liefern ohnehin kaum nach.
Um die Firmen zu unterstützen, haben die Senatsumweltverwaltung und die Berliner Energieagentur gestern die Kampagne "Sauberer Fuhrpark" gestartet. Im Internet informiert ein Leitfaden über umweltfreundliche Fahrzeuge. Ebenfalls im Angebot: individuelle Beratung, Workshops, zwei Info-Veranstaltungen und Fahrerschulungen.
Weitere Informationen im Internet
www.sauberer-fuhrpark.deBerliner Zeitung 06.07.2007
kind regards
Dietrich